Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße: Wolfgang Beckers letzter Film

Der passende Abschluss für eine große Karriere

Von Tom Hartig am 2 min Lesezeit

Mit "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" startet ein Film in den deutschen Kinos, der eine besondere Bedeutung trägt. Es handelt sich um das letzte Werk von Regisseur Wolfgang Becker, der im Dezember 2024 im Alter von 70 Jahren verstarb. Der Film markiert damit den Abschluss einer der prägenden deutschen Regiekarrieren der letzten Jahrzehnte.

Eine Geschichte über Erinnerung, Wahrheit und Legenden

Im Zentrum des Films steht Micha Hartung, ein unscheinbarer Videothekenbesitzer in Berlin, gespielt von Charly Hübner. Jahrzehnte nach dem Mauerfall wird er plötzlich zum Mittelpunkt einer medialen Erzählung: Eine angebliche spektakuläre Fluchtaktion aus der DDR, die sich in den 1980er-Jahren am Bahnhof Friedrichstraße ereignet haben soll, rückt wieder ins öffentliche Bewusstsein – und Hartung wird rückblickend als ihr Held präsentiert.

Doch schnell wird klar: Die Geschichte ist komplizierter, widersprüchlicher und weniger eindeutig, als es die Schlagzeilen vermuten lassen. Der Film bewegt sich bewusst zwischen Fakten, Erinnerungen und Projektionen und stellt die Frage, wie historische Narrative entstehen – und warum bestimmte Geschichten über Jahrzehnte hinweg wachsen, während andere in Vergessenheit geraten.

Tragikomödie mit politischem Unterton

Stilistisch bleibt Wolfgang Becker seiner Handschrift treu: "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" ist keine klassische Historienverfilmung, sondern eine tragikomische Gegenwartsbetrachtung, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verschränkt. Der Film nutzt Humor, um Distanz zu schaffen, ohne die politischen und gesellschaftlichen Hintergründe zu verharmlosen.

Becker interessiert sich weniger für die reine Rekonstruktion historischer Ereignisse als für deren Wirkung im Heute: Wie gehen wir mit Erinnerung um? Wie stark prägen mediale Erzählungen unser Bild von Geschichte? Und welche Rolle spielen dabei ganz normale Menschen, die plötzlich Teil einer größeren Legende werden?

Stark besetztes Ensemble

Neben Charly Hübner ist der Film prominent besetzt. Zum Ensemble gehören unter anderem Christiane Paul, Daniel Brühl, Jürgen Vogel und Leonie Benesch. Die Figuren spiegeln unterschiedliche Perspektiven auf das Thema Erinnerung wider – vom journalistischen Blick bis hin zu sehr persönlichen, emotional geprägten Sichtweisen.

Die Inszenierung setzt dabei auf leise Zwischentöne, Dialoge und Situationen, die sich langsam entfalten, statt auf plakative Dramatisierung. Genau darin liegt die Stärke des Films: Er lädt zum Nachdenken ein, ohne belehrend zu wirken.

Wolfgang Beckers Vermächtnis

Wolfgang Becker wurde international vor allem durch "Good Bye, Lenin!" bekannt, einen Film, der wie kaum ein anderer den deutschen Umgang mit der Wendezeit geprägt hat. Auch in seinem letzten Werk kehrt Becker zu Themen zurück, die ihn über Jahre begleitet haben: deutsche Geschichte, Identität, Erinnerung – und der feine Grat zwischen Melancholie und Humor.

Dass "Der Held vom Bahnhof Friedrichstraße" nun posthum erscheint, verleiht dem Film eine zusätzliche emotionale Ebene. Er wirkt wie ein bewusst gesetzter Schlusspunkt: reflektiert, zurückhaltend und gleichzeitig hochaktuell. Der Film läuft seit dem 11. Dezember 2025 im Kino.

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