Disney streicht den Bambi Live-Action-Film

Disney zieht die Konsequenzen aus dem Misserfolg von "Schneewittchen"

Von Jonas Reichel am 4 min Lesezeit

Disney zieht die Reißleine! Der katastrophale Misserfolg der "Schneewittchen" Live-Action-Verfilmung scheint nun auch Folgen für andere Produktionen zu haben. Darunter befindet sich eine Realverfilmung von "Bambi", die laut der Seite ScreenGeek offenbar auf Eis gelegt wurde.

Nach hohen Investitionen in Disney+ und einigen teuren Kinoflops will der Konzern seinen Fokus doch wieder auf sicherere Produktionen legen. Ein Beispiel dafür ist "Lilo & Stitch". Die Realverfilmung des beliebten Zeichentrickfilms erwies sich als Überraschungserfolg und brachte Disney sogar dazu, eine Fortsetzung zu planen. Bei "Bambi" hingegen scheint das Studio vorsichtiger zu agieren – vielleicht auch, weil die emotionale Tiefe und melancholische Tonalität des Originals schwer zu adaptieren ist.

In einem Interview mit Vanity Fair sprach Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Sarah Polley über die Spekulationen rund um ihre angebliche Mitarbeit an der Realverfilmung:

"Ich war nie offiziell daran beteiligt. Ich hatte ein, zwei Gespräche darüber, aber es kam zu keiner Einigung, ich hatte nie etwas unterschrieben, es war also eher ein Internetphänomen als etwas Reales."

Zuvor machte eine Reihe von Gerüchten die Runde, Polley sei als Regisseurin für das Projekt vorgesehen. "Friedhof der Kuscheltiere: Bloodlines"-Autorin Lindsey Anderson Beer sollte das Drehbuch verfassen – ebenfalls eine Falschinformation.

Polley zeigte sich dennoch interessiert an der Idee, "Bambi" neu und vor allem düster zu interpretieren:

"Ich habe zwar mit ihnen gesprochen, aber ich habe damals an vielen anderen Dingen gearbeitet, auf die ich mich letztlich mehr konzentriert habe. Ich finde es aber tatsächlich superinteressant, den Film neu zu verfilmen. Mich hat vor allem der Aspekt des frühen Todes der Mutter fasziniert. Ich hätte etwas sehr Düsteres daraus machen können."

Offiziell bestätigt ist die Einstellung der "Bambi"-Realverfilmung bisher noch nicht. Die Aussagen von Sarah Polley und die jüngsten Entwicklungen bei Disney deuten aber darauf hin, dass das Projekt zumindest vorerst gestoppt wurde.

Warum Bambi bis heute einer der beliebtesten Disney-Filme ist

Als "Bambi" im Jahr 1942 in die Kinos kam, war die Welt eine andere – und doch berührt der Film das Publikum bis heute so tief wie kaum ein anderer Disney-Klassiker. Das Märchen vom jungen Rehkitz, das in einer unbarmherzigen, aber wunderschönen Natur aufwächst, ist weit mehr als nur ein Kinderfilm. Es ist ein zeitloses Werk über Verlust, Freundschaft, Erwachsenwerden und die fragile Beziehung zwischen Mensch und Natur. Trotz der Jahrzehnte, die seit seiner Premiere vergangen sind, gehört "Bambi" noch immer zu den meistgeliebten und einflussreichsten Filmen der Disney-Geschichte. Doch was macht seine Faszination so besonders?

Eine emotionale Tiefe, die Generationen bewegt

Während viele frühe Disney-Filme auf märchenhafte Erzählungen und humorvolle Nebenfiguren setzten, wagte "Bambi" einen anderen Weg. Der Film erzählt eine stille, beinahe poetische Geschichte – ohne große Heldenreise, ohne spektakuläre Konflikte. Stattdessen steht das Erwachsenwerden selbst im Mittelpunkt. Bambi, das scheue Rehkitz, erlebt Freude, Angst, Liebe und Verlust – Gefühle, mit denen sich Zuschauer aller Altersgruppen identifizieren können.

Die berühmte Szene, in der Bambis Mutter von einem Jäger erschossen wird, gilt bis heute als eine der emotionalsten Momente der Filmgeschichte. Sie war für viele Kinder der erste Kontakt mit dem Thema Tod – und machte "Bambi" zu einem der ersten Disney-Filme, der sich ernsthaft mit der Vergänglichkeit auseinandersetzte. Gerade diese emotionale Ehrlichkeit, verpackt in kindgerechte Bilder, sorgt dafür, dass der Film über Generationen hinweg nachhallt.

Ein Meisterwerk der Animation

Auch technisch war "Bambi" seiner Zeit weit voraus. Disney setzte damals neue Maßstäbe in realistischer Animation: monatelange Naturstudien, detaillierte Bewegungsanalysen von Tieren und der Einsatz innovativer Tiefenperspektive machten den Film zu einem visuellen Meilenstein. Die Wälder, in denen Bambi aufwächst, wirken nicht wie eine Kulisse, sondern wie ein atmender, lebendiger Organismus.

Die fließenden Bewegungen der Tiere, das subtile Spiel von Licht und Schatten und die nahezu malerische Farbgestaltung ließen "Bambi" zu einem Kunstwerk werden, das man nicht nur als Film, sondern als animierte Naturpoesie betrachten kann. Viele spätere Animationsfilme, wie "Der König der Löwen", griffen visuelle und emotionale Elemente von "Bambi" auf.

Musik und Klang als emotionale Sprache

Neben der Bildsprache spielt die Musik eine zentrale Rolle in der Wirkung von "Bambi". Der Soundtrack, komponiert von Frank Churchill und Edward Plumb, ist feinfühlig und impressionistisch. Statt auf klassische Lieder setzt der Film auf Klangteppiche, die Emotionen unterstreichen und Szenen miteinander verweben. Auch der Soundeffekt des Regens oder das Rascheln der Blätter wurde akribisch gestaltet – eine Pionierleistung in der Filmtontechnik.

Diese Symbiose aus Bild und Ton macht "Bambi" zu einem audiovisuellen Erlebnis, das auch ohne viele Worte auskommt. Viele der emotional stärksten Szenen – etwa Bambis erste Schritte oder sein Wiedersehen mit Faline – sind wortlos, getragen allein von Musik und Atmosphäre.

Ein universelles Thema: Der Kreislauf des Lebens

Im Kern erzählt "Bambi" vom Kreislauf des Lebens – von Geburt, Wachstum, Verlust und Neubeginn. Dieser universelle Gedanke verleiht dem Film eine philosophische Tiefe, die weit über das Kinderkino hinausgeht. Anders als viele moderne Produktionen, die auf schnelle Handlung und Humor setzen, lässt Bambi Raum für Stille und Nachdenken. Er erinnert daran, dass Schönheit und Schmerz, Leben und Tod untrennbar miteinander verbunden sind.

Eine bleibende kulturelle Wirkung

Bis heute prägt "Bambi" die Popkultur. Das Rehkitz ist längst zu einem Symbol für Unschuld und Verletzlichkeit geworden – und die "Bambi-Verleihung" des deutschen Medienpreises trägt nicht zufällig seinen Namen. Der Film inspirierte Generationen von Künstlern, Filmemachern und Umweltschützern, darunter auch Walt Disney selbst, der "Bambi" zu seinem persönlichsten Werk erklärte.

In einer Welt, die sich ständig verändert, bleibt "Bambi" eine stille Erinnerung an das, was wirklich zählt: Empathie, Respekt vor der Natur und die Fähigkeit, Mitgefühl zu empfinden. Vielleicht ist das der wahre Grund, warum der kleine Hirsch auch über 80 Jahre nach seinem Debüt immer noch die Herzen berührt – leise, aber unvergesslich.