Streit um KI-Schauspielerin Tilly Norwood

Die Medien-Gewerkschaft SAG-AFTRA reagiert: Tilly Norwood ist keine Schauspielerin und Kreativität muss menschenzentriert bleiben

Von Konstantin Koos am 3 min Lesezeit

Eine neue KI-Entwicklung sorgt derzeit in Hollywood für große Diskussionen. Vor kurzem wurde auf dem Zürich Film Festival die sogenannte "KI-Schauspielerin" Tilly Norwood vorgestellt.

Hinter dem Tool steht das KI-Produktionsstudio Particle6 und die Unternehmerin Eline Van der Velden. Laut ihr soll Norwood "die nächste Scarlett Johansson oder Natalie Portman" werden. Demnächst will man unter anderem bekannt geben, von welcher Agentur Tilly Norwood in Zukunft vertreten werden soll. In einem LinkedIn-Post sprach Van der Velden davon, dass Zuschauern nur die Geschichte eines Films wichtig sei – nicht ob es sich um echte Schauspieler oder eine KI handelt.

Reaktionen aus der Medienbranche

Tilly Norwood sowie die Aussagen von Van der Velden wurden in den vergangenen Tagen von etlichen Schauspielern und Branchen-Vertretern scharf kritisiert. Die Medien-Gewerkschaft SAG-AFTRA gab in einem Statement bekannt, dass Kreativität menschenzentriert bleiben müsse.

"Die Gewerkschaft lehnt die Ersetzung menschlicher Darsteller durch synthetische ab. Tilly Norwood ist keine Schauspielerin, sondern eine Figur, die von einem Computerprogramm generiert wurde, das mit den Werken unzähliger professioneller Darsteller trainiert wurde – ohne deren Erlaubnis oder Vergütung. Sie hat keine Lebenserfahrung, auf die sie zurückgreifen kann, keine Emotionen, und nach unseren Beobachtungen hat das Publikum kein Interesse daran, computergenerierte Inhalte zu sehen, die nichts mit menschlicher Erfahrung zu tun haben."

Die Entmenschlichung der Kunstform des Schauspiels ist einer der größten Kritikpunkte der Thematik und wird von mehreren Branchen-Vertretern angesprochen. Es wird außerdem befürchtet, dass Studios in KI-Avataren Effizienz und Kostenvorteile sehen. KI-Avatare können schlicht immer wieder gebraucht werden, ohne dass man Rücksicht auf sämtliche menschliche Bedürfnisse nehmen muss.

Reaktion von Emily Blunt

Generell wird sowohl von Darstellern als auch von der SAG-AFTRA vor den Gefahren gewarnt. Kritik äußerten unter anderem Schauspielerinnen wie Emily Blunt oder Whoopi Goldberg. Blunt war im Zuge der Promo-Tour zu ihrem neuen Sportdrama "The Smashing Machine" zu Gast in einer Folge des Variety Awards Circuit Podcast. Dabei wurde sie auf das Thema KI und Tilly Norwood angesprochen, was ihr zu diesem Zeit so nicht bekannt war.

"Ich weiß nicht, wie ich darauf antworten soll, außer zu sagen, wie erschreckend das ist. Ist das Ihr Ernst? Das ist eine KI? Meine Güte, wir sind verloren. Das ist wirklich sehr beängstigend. Bitte, Agenturen, tun Sie das nicht. Bitte hören Sie auf damit. Bitte hören Sie auf, uns unsere menschliche Verbindung zu nehmen."

KI und Hollywood

Künstliche Intelligenz ist in Hollywood schon länger Thema. In der jüngeren Vergangenheit stand KI vor allem beim großen Hollywood-Streik 2023 im Fokus. Auch auf Plattformen wie YouTube ist die Situation schon länger außer Kontrolle. YouTube wird seit geraumer Zeit von Fake Trailern geflutet. Alles zu diesem Thema erfahrt ihr hier. Aber natürlich werden auch schon seit vielen Jahren Filme produziert, die sich mit den Gefahren von KI auseinandersetzen. In den letzten Jahren und Jahrzehnten waren unter anderem Alex Garlands "Ex Machina" oder Spike Jonzes "Her" populär.

"Ex Machina" ist ein psychologisch dichter Thriller, der Fragen nach Bewusstsein, Manipulation und menschlichem Kontrollverlust aufwirft. Ein junger Programmierer wird eingeladen, den humanoiden Roboter Ava auf ihre Intelligenz zu testen – eine Art Turing-Test mit unklaren Spielregeln. Was folgt, ist ein Kammerspiel zwischen Mensch und Maschine, bei dem schnell klar wird: Intelligenz ist nicht dasselbe wie Moral.

In "Her" verliebt sich ein Mann in ein KI-Betriebssystem namens Samantha. Die Software ist empathisch, intelligent, lernfähig – und entwickelt sich immer schneller weiter. Die Beziehung erscheint zunächst harmlos, sogar romantisch. Doch je tiefer die Bindung, desto deutlicher wird: Die Machtverhältnisse sind unausgewogen, die Abhängigkeit des Menschen wächst. "Her" zeigt, wie emotionale Bindungen an KI entstehen können – eine Thematik, die mit heutigen Sprachmodellen und digitalen Assistenten aktueller denn je ist. Die Gefahr im Film liegt weniger in technischer Rebellion, sondern in der psychologischen Verwundbarkeit des Menschen gegenüber hyperintelligenten, personalisierten Systemen.

Was einst Science-Fiction war, wird nun zunehmend Realität. Tilly Norwood ist wohl nur der nächste Schritt. Aufgrund der rasanten Entwicklung im KI-Bereich steht die Film-Branche mutmaßlich aber erst am Anfang der Debatten.

Bild zu EX MACHINA Trailer Deutsch German [2015]